Jazz-Musiker Duke Ellington: Die Bigband war sein Instrument (2024)

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"Lehn dich in einem Mietshaus an einen Luftschacht, und du bekommst das Innerste von Harlem zu spüren. Man hört Streitereien, schnappt intime Gespräche auf; man schnuppert Küchenduft. Man hört den Hund des Hausmeisters bellen, riecht Kaffee; man vernimmt wie Leute beten, lachen, schnarchen. Der Schacht ist ein einziger großer Lautsprecher." So hat Duke Ellington beschrieben, wie er Stimmungen aufsaugte, die ihn zu seiner "Harlem Suite" animierten - seine Ode an das New Yorker Schwarzenviertel steht gleichermaßen für die Leiden der Unterprivilegierten wie für das Entstehen eines neuen Selbstbewusstseins.

Das knapp viertelstündige Werk ist Teil eines der Re-Issue-Alben, die zum 120. Geburtstag von Duke Ellington erschienen sind. Als Musiker von herausragendem Können und Einfluss, als brillanter Pianist und kreativ wirbelnder Bandleader erhob er einst den Jazz zur zeitgenössischen Kunstmusik. Ellington wurde von Komponisten und Dirigenten klassischer Musik geschätzt, schrieb aber auch Gassenhauer wie "Caravan", "Solitude" und "Satin Doll" - die Titel mögen wenige außerhalb der Jazzgemeinde kennen, doch die Melodien dieser Instrumentalstücke haben Millionen rund um den Erdball im Ohr.

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Von solchen eingängigen Songs bis zu ausgreifenden Suiten hat Ellington in seinen 75 Lebensjahren über 2000 komponiert; seine Schaffenskraft vergleichen Kunsthistoriker mit der des unermüdlichen Pablo Picasso. Tatsächlich wollte Ellington mit 18 Maler werden. Als Musiker habe er "die Malerei nur scheinbar aufgegeben", urteilte der deutsche Jazzexperte Joachim Ernst Berendt: "Er malt nicht in Farben, sondern in Tönen."

Der "Jungle Style" erinnerte an Stimmen im Urwald

Edward Kennedy Ellington, geboren am 29. April 1899, wuchs in einem bürgerlichen Haus in Washington D.C. auf, nahe der Howard University, die nach dem amerikanischen Bürgerkrieg für befreite Schwarze entstanden war. Es war das Viertel der gebildeten, wirtschaftlich bessergestellten Afroamerikaner. Seine Mitschüler nannten den Klavier spielenden und malenden Jungen wegen seiner hochherrschaftlichen Manieren "Duke" (Herzog).

Die ersten Gagen kassierte der junge Künstler als Ragtime-Pianist in seiner Geburtsstadt. Engagements in New York verschaffte ihm der berühmte Pianist und Entertainer Fats Waller. Im legendären "Cotton Club" in Harlem begann Ellingtons Karriere als Orchesterchef. Hier hörten die Besucher zum ersten Mal seinen berühmten "Jungle Sound" - die gepressten, rauen Töne seiner Bläser erinnerten an klagende Stimmen im nächtlichen Urwald.

Jazz-Musiker Duke Ellington: Die Bigband war sein Instrument (1)

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Duke Ellington: Der Tonmaler des Jazz

Foto: Keystone-France/ Gamma-Rapho/ Getty Images

Ellington verarbeitete in seinen Kompositionen Arbeitslieder schwarzer Sklaven, Gospel- und Blueselemente. "Er erkannte die Möglichkeiten, die New-Orleans-Konzepte für Polyphonie, Call and Response, Breaks, Grooves weiterzuentwickeln", schrieb Jazztrompeter Wynton Marsalis. Viele von Ellingtons Werken entstanden bei Proben in Gemeinschaftsarbeit, die er einmal so beschrieb:

"Vielleicht hat einer aus der Band eine Idee, und er spielt sie auf seinem Horn vor. Vielleicht entwickelt ein anderer diesen Gedanken weiter. Vielleicht spielt jemand einen Riff. Vielleicht macht einer den Vorschlag, eine Note länger auszuhalten. Und schließlich möchten die Saxofone noch ein paar Jauleffekte in ihrem Satz haben."

Ellington nahm Einfälle seiner Musiker auf und verarbeitete sie - er war am Klavier überragend, doch sein wichtigstes Instrument war die Big Band. So wie Regisseure bestimmte Schauspieler im Sinn haben, wenn sie Inszenierungen planen, dachte Ellington an bestimmte Musiker, wenn er komponierte. Er schrieb ein "Concerto for Cootie" für den Trompeter Cootie Williams und widmete sein "Clarinet Lament" dem Klarinettisten Barney Bigard.

Ellingtons Tonmalerei sollte die Musik des Afroamerikaners werden - des "american negroe", wie er es in der Sprache der Vierzigerjahre sagte. Dabei war ihm bewusst, dass sein Volk mehr durch die Gegenwart in der Welt der Weißen geprägt war als durch die schwarzafrikanische Vergangenheit. Musikalisch drückte das seine Orchestersuite "Black, Brown and Beige" aus: Die Menschen aus Afrika waren bei ihrer Ankunft in Amerika "black", sie wurden während der Sklaverei "brown" und sind inzwischen weitgehend "beige".

Miles Davis ging geschniegelt und gebügelt zum Duke

Einem weißen US-Kritiker, der ihn in einem Brief aufforderte, mit seiner "Urwaldmusik" nach Afrika heimzukehren, antwortete Ellington spöttisch: In Afrika würde man ihn kaum nehmen, denn das Blut der amerikanischen Schwarzen habe sich im Laufe der Generationen zu sehr mit dem des Briefschreibers vermischt; eher würde man ihn wohl in Europa willkommen heißen.

Diese Ansicht bedeutet keine Geringschätzung des afrikanischen Erbes. Ellington las Bücher über die Geschichte des Kontinents und sammelte afrikanische Kunst. Er schrieb die "Liberian Suite" und gastierte mit seiner Big Band 1966 beim ersten World Festival of Black Arts im senegalesischen Dakar. Freilich trug der stolze Afroamerikaner Ellington - anders als die Black-Power-Generation seit den Sechzigerjahren - keine farbenprächtigen Dashiki-Hemden, und seine Haare glättete der Gentleman mit Gel.

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Stets wollte Ellington die besten Musiker in seine Band holen. Daher bemühte er sich 1948 auch um Miles Davis. Der Trompeter, damals 22, beschrieb in seiner Autobiografie die Begegnung mit dem sonst allzeit vornehmen Bandleader so:

"Ich gehe also zu Duke, geschniegelt und gebügelt steig ich die Treppen zu seinem Büro hoch... und da sitzt Duke, in Shorts, mit 'ner Frau auf dem Schoß. Mann, war ich geschockt. Der coolste, schärfste, hipste Typ der Musikszene - und dann so was. Er grinst mich an und sagt, dass er mich für den Herbst eingeplant hat. Ich war wahnsinnig glücklich, echt geschmeichelt, dass mich eins meiner Idole fragt, ob ich in seine Band will, die tollste Band auf der Musikszene."

Miles Davis schlug das Angebot aus, weil er sich "nicht selbst in eine musikalische Schublade packen wollte". Aber er hat Ellington immer verehrt. An den 23 Stellen seines Buches, in denen Davis - größter Lästerer unter allen Jazzern - den Duke erwähnt, findet sich nicht ein boshaftes Wort.

Schwingen muss es, immer

Ellington wechselte nach seinem von Growl- und Wah-Wah-Effekten geprägten Jungle Style zum Swing und schrieb Werke in einer Art Jazzsinfonik. Dazu gehörte "Such Sweet Thunder": Diese Auseinandersetzung mit William Shakespeare porträtiert musikalisch Figuren wie Romeo und Julia, Lady Macbeth, Hamlet und Othello - ideale Vorlagen für einen Tonmaler wie Ellington.

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Mit seinen bis heute stilprägenden Big Bands ging Ellington auf mehr als 100 Tourneen durch die ganze Welt. Er begleitete Ella Fitzgerald und nahm Platten mit den Avantgardisten Charles Mingus und John Coltrane auf. Der Duke wurde im englischen Königshaus empfangen, die Präsidenten Dwight D. Eisenhower und Richard Nixon baten ihn ins Weiße Haus.

"Aus dem Fahrstuhl steigend begegnete ich dem Präsidenten", schrieb Ellington in seiner Autobiografie "Music Is My Mistress". "Eisenhower rief: 'Duke, vergessen Sie nicht 'Mood Indigo' zu spielen.' Das fand ich für einen siegreichen General aus dem Zweiten Weltkrieg ganz beachtlich, und wir spielten 'Mood Indigo' an diesem Abend viermal."

Duke Ellington starb am 4. Mai 1974. Den Grundsatz seines Denkens hat er in einer Komposition zusammengefasst: "It Don't Mean A Thing, If It Ain't Got That Swing" (hier im Video) - Musik bedeutet gar nichts, wenn sie keinen Swing hat.

Jazz-Musiker Duke Ellington: Die Bigband war sein Instrument (2024)

FAQs

What instruments were in Duke Ellington's band? ›

For most of his career, Ellington worked within the framework of his jazz orchestra, an ensemble of 15 comprising five saxophones, four trumpets, three trombones, and a rhythm section of piano, bass, and drums.

Is Duke Ellington Big Band jazz? ›

One of the originators of big-band jazz, Ellington led his band for more than half a century, composed thousands of scores, and created one of the most distinctive ensemble sounds in all of Western music.

What did Duke Ellington die from? ›

Ellington died on May 24, 1974, of complications from lung cancer and pneumonia, a few weeks after his 75th birthday. At his funeral, attended by over 12,000 people at the Cathedral of St. John the Divine, Ella Fitzgerald summed up the occasion: "It's a very sad day.

What made Duke Ellington famous? ›

Considered one of the greatest jazz composers of all time, Duke Ellington had an enormous impact on the popular music of the late 20th century. Among his more than two thousand songs are such hits as “In A Sentimental Mood,” “Sophisticated Lady,” “I Got It Bad And That Ain't Good,” and “I'm Beginning To See The Light.”

What instruments are in Take the A Train by Duke Ellington? ›

Score info
CreditsEligible
GenreJazz
EnsembleJazz Band
Parts8
Part namesSaxophone Soprano (2), Saxophone Alto, Trumpet Other, French Horn, Trombone, Tuba
10 more rows
Apr 14, 2024

Who played trumpet in Duke Ellington's band? ›

Few trumpeters in jazz history ever rivaled Cat Anderson's high-note ability. With a range spanning more than five octaves, he was indispensable in Duke Ellington's orchestra. Cat, born William Alonzo Anderson in Greenville, South Carolina, got his musical start in Charleston.

What is big band jazz called? ›

The big band era, also known as the swing era, was at its peak from the 1930s to the mid-1940s, although its history stretches across the first half of the twentieth century. Early 1900s: Big band music traces back to early jazz music from New Orleans inspired by ragtime and blues.

What instruments are in a big band? ›

A jazz orchestra, also called a “big band,” typically consists of 5 saxophones, 4 trumpets, 4 trombones, and a rhythm section (made up of piano, bass, guitar and drums). Sometimes the Jazz Orchestra will add vibraphone (which is a part of the xylophone family), clarinet, violin and singers to the group.

What did Duke Ellington call his jazz band? ›

The group was initially called Elmer Snowden and his Black Sox Orchestra and had seven members, including trumpeter James "Bubber" Miley. They renamed themselves The Washingtonians. Snowden left the group in early 1924, and Ellington took over as bandleader.

What was Duke Ellington's last performance? ›

Duke Ellington performs last concert of his life in HSC Ballroom (1974) - NIU 125 Key Moments. Duke Ellington played his last concert in the Holmes Student Center ballroom. On the first anniversary of his death, the Duke Ellington jazz orchestra, led by his son, Mercer, made a repeat performance.

What happened to Duke Ellington in 1969? ›

On April 29, 1969, President Nixon recognized this form of expression when he presented Duke Ellington with the nation's highest civilian honor, the Presidential Medal of Freedom, while celebrating the musician's 70th birthday.

What is Duke Ellington's quote? ›

A goal is a dream with a finish line.” “If it sounds good and feels good, then it IS good!”

What instrument did Duke Ellington play? ›

Edward Kennedy “Duke” Ellington (April 29, 1899 – May 24, 1974) was an American composer, pianist, and big-band leader. Ellington wrote over 1,000 compositions.

What is a fun fact about Duke Ellington? ›

Edward Kennedy Ellington, better known as “Duke,” was born in 1899. Though Ellington took piano lessons as a child, he also loved playing outdoors. In his memoir, Ellington recounts playing baseball with his friends in Washington D.C., where he was sometimes visited by President Theodore Roosevelt on horseback.

What song did Duke Ellington get famous for? ›

Ellington's fame rose to the rafters in the 1940s when he composed several masterworks, including "Concerto for Cootie," "Cotton Tail" and "Ko-Ko." Some of his most popular songs included "It Don't Mean a Thing if It Ain't Got That Swing," "Sophisticated Lady," "Prelude to a Kiss," "Solitude" and "Satin Doll." A number ...

What was Duke Ellington's ensemble called? ›

The band started in New York City under name of the Washingtonians in 1923, they then briefly became known as Duke Ellington and his Kentucky Club Orchestra, then as Duke Ellington and his Cotton Club Orchestra from 1927 to 1930.

What instruments did Duke Ellington and Louis Armstrong play? ›

Personnel
  • Duke Ellington (piano)
  • Louis Armstrong (trumpet, vocals)
  • Barney Bigard (clarinet)
  • Danny Barcelona (drums)
  • Mort Herbert (bass)
  • Trummy Young (trombone)

What instrument did Charlie Parker play? ›

Charlie Parker is best known for his musical talents as a jazz saxophone player where he developed a unique sound that lead to the development of bebop. Commonly called “Bird” or “Yardbird” by his fellow musicians, Charlie Parker real name was Charles Parker Jr.

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Author: Twana Towne Ret

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